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Die Grundregel des § 10 StVO besagt, dass der fließende Verkehr gegenüber dem sich in ihn Einreihenden das Vorrecht hat.

Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ein- und Ausfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ein- bzw. Ausfahrenden.

Das klingt zunächst einfach und doch kommt es auch beim Ein- und Anfahren im Straßenverkehr nicht selten zu Unfällen.

„Unfallverursacher“ die die Meinung vertreten mittels einer Verkehrsrechtsklage sich Recht zu verschaffen Unterliegen in den meisten Fällen. Selten wird ein Sachverständigenbeweis durch das Gericht eingeholt.

Viele sind von dieser Ablehnung ihrer Klage bzw. von einer Niederlage emotional empört. Doch liegt es in der Aufgabe des Klägers bereits in der Klage den Beweis zu erbringen, welches den Beweis des ersten Anscheins erschüttert. Bereits zur Klage benötigen sie ein ausführliches Sachverständigengutachten.

Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherung des auf der Straße fahrenden Fahrzeugs haften schließlich auch nicht in Höhe der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs. Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel in vollem Umfang für die Unfallfolgen zu haften. Der Beweis der Beachtung der besonderen Sorgfaltspflicht obliegt den Ausfahrenden und ist nicht Bestandteil der Klärung durch das Gericht.

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Wie vorsichtig muss ein Autofahrer agieren, wie langsam muss er fahren, wenn er durch eine ihm gewährte Lücke einer wartenden Schlange hindurch nach links auf die Gegenfahrbahn abbiegen will?

Er muss sich hineintasten – doch was genau ist darunter zu verstehen?

[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/3″][vc_single_image image=“13919″ img_size=“full“][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][highlight]Im vorliegenden Fall kam der Kläger aus einer Ausfahrt und wollte die Straße queren und links abbiegen. Es befindet sich zwischen den Fahrbahnen eine Mittelinsel, welche aber nicht genügend Platz für das Fahrzeug bietet, so dass sich das Heck des Fahrzeuges noch auf der anderen Fahrspur befindet.[/highlight][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_single_image image=“13923″ img_size=“full“][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]

Nicht selten enstehen solche Unfälle durch ein unabwendbares Ereignis. In diesem Fall handelte es sich um eine plötzliche Eisbildung durch Kondensation einer U-Bahn-Station.

In solchen Fällen empfehle ich Ihnen die Erstellung eines verkehrsanalytischen Gutachtens vor Einreichung der Klage.

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Eine weitere und gängige Methode stellt die Weg-Zeit-Berechnung innerhalb einer Vermeidbarkeitsbetrachtung dar.

Aufgrund der Endstellungen und der Schäden an den Fahrzeugen, ist es möglich mittels mehrerer Variablen das vorkollisionäre Fahrverhalten eines jeden Unfallbeteiligten darzustellen und beide Fahrzeuge in einem dynamischen Fahrzusammenhang zu bringen.

So kann der Erkennungspunkt, Reaktionspunkt und auch ggf. unfallursächliche Nebenvariablen ermittelt werden.

[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/3″][vc_single_image image=“13935″ img_size=“full“][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]

Gesteigerte Sorgfaltspflicht beim Herausfahren aus der Ausfahrt

Der Kläger hatte unstreitig eine gesteigerte Sorgfaltspflicht gemäß § 10 S. 1 StVO:

„Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone, aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.“

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Vorsichtig beim Hineintasten in die Fahrbahn?

Doch gehen die Sorgfaltspflichten in so einer Situation über die eines in eine bevorrechtigte Straße abbiegenden Kraftfahrer hinaus, so das OLG München. Konkret bedeutet das:

  • Ein Kraftfahrer, der an einer Einmündung durch eine ihm gewährte Lücke hindurch in einer wartenden Schlange die Gegenfahrbahn befahren will, um abzubiegen,
  • muss allen Fahrzeugen auf allen dort befindlichen Fahrspuren die Vorfahrt gewähren
  • Wer so links abbiegen will, darf, wenn er den nicht von der Kolonne in Anspruch genommenen Fahrbahnteil nicht zuverlässig einsehen kann, sich in diesen nur langsam hineintasten.

Was ist unter Hineintasten zu verstehen?

Hineintasten bedeutet, zentimeterweise, langsamer als Schrittgeschwindigkeit zu fahren und jederzeit bremsbereit zu sein

Diese hohe Sorgfaltspflicht beim Hereintasten soll sicherstellen, dass der bevorrechtigte Verkehr genügend Zeit hat, sich auf dieses Eintasten einzurichten. Zudem soll es den Wartepflichtigen in die Lage versetzen, nahezu ohne Anhalteweg anhalten zu können, wenn er einen bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer wahrnimmt.

12 km/h sind deutlich zu schnell

Genau diesen Anforderungen ist der Beklagte nach Einschätzung des Gerichts nicht nachgekommen. Denn der Sachverständige hatte eine Kollisionsgeschwindigkeit des aus der Ausfahrt kommenden Pkw von mindestens 12 km/h errechnet. Deutlich zu schnell, so das Gericht. Eine derartige Geschwindigkeit entspreche schon im Ansatz nicht einem „Hineintasten“ unter Beobachtung des von der Kolonne nicht in Anspruch genommenen Fahrbahnteils.

Zwei Drittel Haftung für den aus der Ausfahrt kommenden

Gegen den Kläger, der die Kolonne überholt hatte, spricht allerdings, dass eine durchgezogene Linie deutlich überfahren und die Linksabbiegespur für die Gegenrichtung benutzt hatte.

Den überwiegenden Haftungsanteil – zwei Drittel – sah das Gericht dennoch bei der aus der Ausfahrt kommenden Beklagten. Auf den vorfahrtsberechtigten Kläger entfällt eine Mithaftung von einem Drittel.

(OLG München, Urteil v. 31.03.2017, 10 U 4716/16)

 

Hintergrund:

„Hineintasten“ bedeutet zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit sofort anzuhalten. Der Wartepflichtige genügt seiner Pflicht nicht, wenn er die Schnittlinie der bevorrechtigten Straße überfährt und damit ganz oder teilweise die Fahrspur eines bevorrechtigten Verkehrsteilnehmers sperrt  Kammergericht Berlin (KG Berlin, Urteil v. 27.07.1998, 12 U 3625/97).

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