[vc_row][vc_column][vc_single_image image=“13408″ img_size=“full“ alignment=“center“][vc_column_text]Das Berufsbild des Unfallanalytikers spaltet sich in zwei Gruppen. Der Unfallanalytiker in der Unfallaufnahme (Ausbildung Dresden) und der Unfallanalytiker in der Unfallrekonstruktion (MAS-Akademie mit anschließender IQ-Zertifizierung). Der Unfallanalytiker in der Unfallrekonstruktion bedarf einer persönlichen Eignung, abstrakte technische Vorgänge visuell aufzunehmen. Ein entsprechend erforderliches vorheriges Abstraktionsvermögen (wie  malerischen Fähigkeiten bei Künstlern) liegen in der Persönlichkeit und der Entwicklung der einzelnen Person. Mittels einer Ausbildung kann man diese geistigen Fähigkeiten fördern, aber nicht grundlegend erschaffen. In einer Vielzahl fehlerhafter Rekonstruktiongutachten musste ich erkennen, das die Verfasser eine hohe fachliche Eignung aufweisen, aber aufgrund des Fehlens eines notwendigen Abstraktionsvermögens sich mit den vielen Informationen überhäuft hatten. Die Aussage „der Sachverständige sollte auch mal die rechte Hirnhälfte verwenden“ kann daher nur als Hinweis verstanden werden, da die linke Gehinrhälfte für intellektuelle Aufgaben und die rechte Gehirnhälfte für intuitiven Seite des menschlichen Geistes zugewandt ist.

Die menschlichen kognitiven erweiterten Fähigkeiten spielen für den Unfallanalytiker bei der Rekonstruktion des Unfallgeschehens eine entscheidende Rolle. Eine geschickte Ausnützung des Wissens in diesem Bereich führt zu ergonomischeren und optimaleren Ergebnissen. Eine Missachtung (fehlen erweiterter kognitiver Eigenschaften) kann selbst ein inhaltlich gutes ausgearbeitetes Verkehrsunfallrekonstruktionsgutachten nutzlos machen. Gerade die visuelle Wahrnehmung, sowie die Lern- und die Abstraktionsfähigkeit sind wichtig und sollten bei jeder Gestaltung beachtet werden.

 

Der öffentlich bestellte Sachverständige der IHK oder HWK ?

Bundesjustizministerium und Bundeswirtschaftsministerium haben sehr intensiv daran gearbeitet, dass in allen Berufszulassungsgesetzen die Vorgaben der europäischen Dienstleistungsrichtlinie (DLR) und der Berufsanerkennungsrichtlinie (BARL) umgesetzt werden. Dies könnte das faktische Ende der öffentlichen Bestellung in Deutschland bedeuten. In einer aktuellen Mitteilung der IHK Schleswig-Holstein ist hierzu Folgendes zu lesen:

 

„In einem internen Vermerk zur Einordnung des § 36 GewO (öffentliche Bestellung von Sachverständigen) nach der Dienstleistungsrichtlinie (DLR) und der Berufsanerkennungsrichtlinie (BARL) der EU kommt das BMWi zu dem Ergebnis, dass die öffentliche Bestellung beiden Richtlinien unterfällt. Die unterzeichnenden Spitzenorganisationen der Selbstverwaltungskörperschaften, die Sachverständige öffentlich bestellen, halten dieses Ergebnis für rechtlich unzutreffend und befürchten – wenn sich diese unzutreffende rechtliche Einschätzung durchsetzt –  eine Gefährdung des Systems der öffentlichen Bestellung insgesamt.“

 

Was heißt das also im Klartext?

Aus Sicht der Zertifizierungsstellen fallen öffentliche Bestellungen unter beide Richtlinien.

 

Jeder Deutsche und jeder EU-Bürger kann sich dem Vereidigungsverfahren stellen, die grundlegenden Bestellungsvoraussetzungen, wie besondere Sachkunde und persönliche Eignung, müssen nachgewiesen werden.

 

Alle bisherigen gesetzlichen Bevorzugungen von öffentlich bestellten Sachverständigen, z.B. in den Prozessordnungen oder zur Begründung einer Mieterhöhung in § 558a BGB, werden einer Nacharbeitung unterzogen.
Hieraus folgt eine deutliche Stärkung der Personalzertifizierung nach internationaler Norm DIN EN ISO/IEC 17024.
Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich bestätigen, dass die Systeme der öffentlichen Bestellung und der Zertifizierung von Sachverständigen bis auf weiteres gleichberechtigt nebeneinander existieren müssen (so auch Prof. Dr. Mitmann, Präsident des ehemaligen DAR, in DS Heft 10/1998, S.5 f.; Roeßner in DS Juli/August 1996, S.4 ff.)
Gründe, warum der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige bevorzugt werden könnte, sind besonders seit der letzten Justizreform nicht mehr zu erkennen, da nun auch die Frage der Haftung nicht mehr unterschiedlich gehandhabt wird.
Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige haften in gleichem Rahmen und Umfang wie Personen-zertifizierte Sachverständige.

Quelle: SVG-Office GmbH, Witten

 

 

 

DIN EN ISO/IEC 17024

Vergleich zwischen öffentlicher Bestellung und Zertifizierung DIN EN ISO/IEC 17024
Als international anerkanntes Qualitätssicherungssystem setzt sich der Zertifizierungsprozess unter Berücksichtung der DIN EN ISO/IEC 17024 gegenüber den rein nationalen Qualifizierungen immer mehr durch. Vergleichbar ist das mit der Entwicklung vom deutschen Diplomingenieur zum internationalen Bachelor und Master. Gemeinsamkeiten zwischen der öffentlichen Bestellung und der Zertifizierung:

 

Beide Systeme sind darauf ausgerichtet, der Öffentlichkeit fachlich und persönlich qualifizierte Sachverständige zur Verfügung zu stellen.

Die Unterschiede zwischen öffentlicher Bestellung und Zertifizierung bestehen in folgenden Punkten:

  • Die öffentliche Bestellung beruht auf gesetzlicher Grundlage; stellt jedoch keine Berufszulassung mehr dar und ist keine Qualitäts- oder Qualifikationsgarantie.
  • Die Zertifizierung erfolgt auf Grund des Vertragsrechts zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Sachverständigen. Sie beruft sich dabei auf die Einhaltung der Europäischen Norm DIN EN ISO/IEC 17024 die zum Teil weitreichender und kontrollintensiver als die öffentliche Bestellung und Vereidigung ist (siehe Normative Dokumente).
  • Der öffentlich bestellte Sachverständige muss vom Gesetzgeber vorgegebene Qualitätsstandards (besondere Sachkunde und Eignung) einhalten. Diese Standards sind durch die DIN EN ISO/IEC 17024 ebenso vorgegeben und verbindlich einzuhalten. Im Gegensatz zur öffentlichen Bestellung wird die Einhaltung dieser Vorgaben laufend durch die Zertifizierungsstelle geprüft und überwacht.
  • Die Bezeichnung „öffentlich bestellter Sachverständiger“ ist geschützt (§132a StGB), die Bezeichnungen „zertifizierter Sachverständiger“ nach DIN EN ISO/IEC 17024 ebenfalls. Der Schutz der Bezeichnung „öffentlich bestellter Sachverständiger“ stellt jedoch kein Qualifikationsmerkmal für den Sachverständigen dar.
  • Der öffentlich bestellte Sachverständige unterliegt öffentlich-rechtlicher Kontrolle, der privat zertifizierte Sachverständige unterwirft sich auf Grund privatrechtlicher Verträge der Überwachung durch eine Zertifizierungsstelle. Da die Europäische Regelung den Einfluss der öffentlich-rechtlichen Stellen ausschließen will (aus guten Gründen), darf auch hier der Überwachung durch Zertifizierungsstellen mehr Bedeutung beigemessen werden.
  • Die öffentlich bestellten Sachverständigen müssen einen Eid zur Bekräftigung ihrer Pflicht zur Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Weisungsfreiheit, Gewissenhaftigkeit und persönlichen Leistungserbringung leisten.
  • Die zertifizierten Sachverständigen haben keine Möglichkeit zur Eidesleistung, sie unterliegen jedoch sehr strengen vertraglichen Pflichten. – Allerdings ist festzustellen, dass es sich bei den Anforderungen der Vereidigung um absolute Selbstverständlichkeiten handelt, denen jeder Sachverständige unterliegt. Während der einmal abgelegte Eid jede Überwachung auf Einhaltung ersetzt, werden zertifizierte Sachverständige laufend auf die Einhaltung dieser Kriterien hin kontrolliert und jährlich überwacht.

 

 

Im Gegensatz zur öffentlichen Bestellung gibt es für die Teilnahme an einem Zertifizierungsprozess unter Berücksichtung der DIN EN ISO/IEC 17024:2012 keine Altersbegrenzung.

Die öffentlich bestellten Sachverständigen wurden früher auf Grund gesetzlicher Anordnung im Gerichtsverfahren bevorzugt herangezogen, die zertifizierten Sachverständigen genossen diese Bevorzugung nicht.
Diese Bevorzugung hat sich zwischenzeitlich überholt. Die Gerichte greifen ausschließlich auf Sachverständige zurück, von deren Fachkompetenz sie sich durch erstellte Gutachten überzeugt haben. Besonders in den alten Bundesländern gibt es bei Gericht (hauptsächlich Zwangsversteigerungsverfahren) weit mehr Gutachten durch zertifizierte und freie Sachverständige als durch öffentlich bestellte Sachverständige. Von Anfang an gab es Bestrebungen, die Zertifizierung von Sachverständigen auf dem Niveau der öffentlichen Bestellung zu halten (tatsächlich wurde jedoch der Standard der öffentlichen Bestellung an den Standard der Zertifizierung angepasst), um so den Qualitätsstand der öffentlich bestellten Sachverständigen nach Europa hineinzutragen und auch, um beide Systeme, soweit es geht, kompatibel zu machen.
In der Praxis war aber immer wieder festzustellen, das Europa an der öffentlichen Bestellung keinerlei Interesse hatte und die Qualität des öffentlich bestellten Sachverständigen zwar in den Richtlinien nachzulesen war, die Praxis in der Regel jedoch eine andere Sprache sprach. In der Zwischenzeit hat der Markt seine Entscheidung zu einem großen Teil getroffen und den gemäß der DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen eine hohe Anerkennung und Fachkompetenz zugesprochen.

2009 gab es eine entscheidende Veränderung im Bereich des Sachverständigenwesens. Das langjährige Monopol der Kammern, Sachverständige zu berufen und zu überwachen wurde aufgebrochen. Der Deutsche Gesetzgeber sah sich durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie DLR und die EU Berufanerkennungsrichtlinie BAR veranlasst, ein Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewerberecht zu erlassen (BGBL. I 2009 S. 2091). § 36 der Gewerbeordnung, der bisher alleinige Rechtsgrundlage für die hoheitliche Stellung der Kammern bei der Auswahl und Ernennung von öffentlich bestellten Sachverständigen war, wurde durch § 36a GewO ergänzt. Gleichzeitig wurde 2009 das Akkreditierungsstellengesetz* erlassen, wodurch die Einrichtung und die Aufgaben der Akkreditierungsstellen geregelt werden.

Die Konsequenzen dieser Gesetzgebung für das Sachverständigenwesen sind gravierend

Neben den Kammern könne sich Sachverständige nun auch von einer Zertifizierungsstelle, die nach DIN EN ISO/IEC 17024 arbeitet, zertifizieren lassen. Durch die gesetzliche Regelung des Zertifizierungswesens gibt es in Deutschland nunmehr zwei Systeme, die gleichwertig nebeneinander bestehen. Die öffentliche Bestellung nach §36 GewO durch eine Kammer und die Zertifizierung nach ISO 17024 durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle.

 

Die Personenzertifizierung nach DIN ISO 17024 wird gleichwertig zur öffentlicher Bestellung

Die Gleichstellung dieser beiden Systeme und damit die Gleichwertigkeit von öffentlicher Bestellung und Zertifizierung nach ISO 17024 wurde jedoch nicht nur durch das Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewerberecht manifestiert, sondern durch zahlreiche Gesetzesänderung unmissverständlich untermauert. Neuere Gesetze, wie zum Beispiel das Bewertungsgesetz BewG, in der Erbschaftssteuerichtlinie sowie in der InvG (§ 77 Abs.2) oder im Pfandbriefgesetz (PfandBG) wurden insoweit geändert, dass die ausschließliche Zuständigkeit von öffentlich bestellten Sachverständigen gestrichen wurde.

Diese Änderung der Gesetzgebung führt dazu, dass die Kammern, wenn auch ungern, auf Anfrage schriftlich bestätigen, dass öffentlich bestellte Sachverständige und zertifizierte Sachverständige (nach ISO 17024) als gleichwertig zu betrachten sind. Nach Aussage mehrerer Gerichte wurden diese aufgefordert, zertifizierte Sachverständige zur Begutachtung heranzuziehen und diese, sofern es sich um Verfahren mit internationalem Bezug handelt, sogar bevorzugt heranzuziehen.

 

Die Personenzertifizierung nach DIN ISO 17024 ist weltweit anerkannt

Die ISO 17024 ist eine weltweit anerkannte und durch internationale Verträge vereinbarte Norm. In der Einleitung zur DIN EN ISO/IEC 17024 wird klargestellt, dass die Zertifizierung von Personen darauf abzielt, die Kompetenz der zertifizierten Person in Bezug auf das Zertifizierungsprogramm zu bestätigen. Der weltweit akzeptierte Prozess der Begutachtung garantiert dabei, dass die Zertifizierungsprogramme begutachtet und überwacht werden und die Kompetenz der zertifizierten Person untermauern. Durch die Anerkennung der Weltnorm ISO 17024 als europäische Norm (EN) und als Deutsche Norm (DIN) ist die Zertifizierung 17024 auch in Deutschland voll anerkannt.

Bei der Zertifizierung nach 17024 sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Zertifizierungsstelle selbst nicht nur nach dem Standard arbeitet, sondern selbst auch akkreditiert und überwacht wird. Für große Verwirrung am Markt sorgen Zertifizierungsstellen, die Sachverständige „zertifizieren“ und ihnen darüber eine Urkunde oder ein Zertifikat erteilen. Oftmals gehen diese Sachverständigen davon aus, dass Sie über eine Zertifizierung nach der international anerkannte DIN EN ISO/IEC 17024 verfügen. Dem ist jedoch bei weitem nicht so. Solche Zertifizierungen sind eher irreführend sowohl für den Sachverständigen als auch für den Verbraucher, der sich mit den Gesetzen und Richtlinien nicht auskennt. Das Erwachen ist groß, wenn ein vermeintlich „zertifizierter“ Sachverständiger eben nur aufgrund einer privatrechtlichen Regelung und nicht aufgrund der international anerkannten Norm DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert ist.

Wenn man sich für eine Zertifizierung entscheidet, sollte man sicher stellen, dass man Zeit und Geld am richtigen Ort investiert, um dann auch das begehrte Zertifikat auf Grundlage der DIN EN ISO/IEC 17024 in Händen zu halten.

 

*Gesetz über die Akkreditierungsstelle (Akkreditierungsstellengesetz – AkkStelleG)

vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2625), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 80 des Gesetzes
vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044)

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