
Sachverständige, die von der Verteidigung nicht gemäß § 220 StPO ordnungsgemäß geladen, sondern lediglich zur Hauptverhandlung mitgebracht werden, gelten nicht als präsente, sondern als gestellte Beweismittel. Für diese Sachverständigen besteht keine Pflicht zur Beweiserhebung gemäß § 245 Abs. 2 StPO (vgl. BGH, NStZ 1981, 401).
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Das Selbstladungsrecht im Strafverfahren – Gesetzliche Regelung & Praxisbezug
Was ist das Selbstladungsrecht im Strafverfahren?
Das Selbstladungsrecht ist ein besonderes Verfahrensrecht im deutschen Strafprozess. Es erlaubt bestimmten Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Angeklagten oder dessen Verteidiger, Zeugen oder Sachverständige eigenständig zur Hauptverhandlung zu laden – ohne dass dies durch das Gericht erfolgt. Dieses Recht ist in der Strafprozessordnung (StPO) normiert und kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn bestimmte Beweismittel eingeführt werden sollen, die das Gericht nicht von Amts wegen lädt.
Gesetzliche Grundlage: § 220 StPO im Wortlaut
„Ein Zeuge oder Sachverständiger kann auch von dem Angeklagten zur Hauptverhandlung geladen werden.“
Diese knappe Formulierung in der Strafprozessordnung (§ 220 StPO) bildet die gesetzliche Grundlage des Selbstladungsrechts. Sie zeigt: Nicht nur das Gericht, sondern auch der Angeklagte bzw. die Verteidigung kann Personen zur Beweisaufnahme laden.
Wer darf das Selbstladungsrecht nutzen?
Das Recht zur Selbstladung steht grundsätzlich dem Angeklagten zu. In der Praxis wird es jedoch regelmäßig durch den Verteidiger ausgeübt. Die Ladung muss dabei form- und fristgerecht erfolgen, damit der Zeuge oder Sachverständige rechtzeitig erscheint und die Beweisaufnahme nicht verzögert wird.
Wichtig: Die Ladung erfolgt auf eigene Verantwortung der ladenden Partei. Dies bedeutet, dass das persönliche Erscheinen des Zeugen oder Sachverständigen nicht durch staatliche Zwangsmittel (z. B. Vorführung) durchgesetzt wird, wenn dieser unentschuldigt fehlt.
Praktische Relevanz vor Gericht
Das Selbstladungsrecht kann strategisch bedeutsam sein, z. B. wenn:
das Gericht ein bestimmtes Beweismittel nicht von Amts wegen berücksichtigt,
ein entlastender Zeuge auftreten soll,
oder ein unabhängiger Sachverständiger gehört werden soll, der vom Gericht nicht bestellt wurde.
Die Selbstladung kann somit zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und zur Herstellung der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung beitragen.
Abgrenzung zur gerichtlichen Ladung
Im Unterschied zur gerichtlichen Ladung erfolgt die Selbstladung:
auf Initiative des Angeklagten oder Verteidigers,
ohne Garantie des Erscheinens durch staatliche Organe,
oft kurzfristiger und mit unmittelbarem Bezug zur Verteidigungsstrategie.
Die gerichtliche Ladung hingegen wird amtlich zugestellt und kann durch Vorführungsbeschluss oder Ordnungsmittel durchgesetzt werden.
Fazit: Bedeutung für die Verfahrenspraxis
Das Selbstladungsrecht stellt ein wichtiges Instrument zur aktiven Mitgestaltung der Beweisaufnahme im Strafverfahren dar. Es fördert das Prinzip des fairen Verfahrens und stärkt die Position der Verteidigung. Voraussetzung für eine wirksame Nutzung ist jedoch die rechtzeitige, formgerechte und dokumentierte Ladung. In der Praxis bleibt die Effektivität des Rechts auch davon abhängig, ob geladene Personen tatsächlich erscheinen – eine Unsicherheit, die strategisch bedacht werden muss.
🔹 1. Beweisantrag / Anzeige der Selbstladung gegenüber dem Gericht
„Hiermit zeigt die Verteidigung an, dass der Sachverständige [Name, Qualifikation, Anschrift] gemäß § 220 StPO zur Hauptverhandlung am [Datum, Uhrzeit] im Wege der Selbstladung geladen wurde. Der Sachverständige wird zu folgenden Beweisthemen Stellung nehmen: [kurze Darlegung des Beweisthemas].“
🔹 2. Hinweis auf ordnungsgemäße Ladung inkl. Auslagenangebot
„Die Ladung des Sachverständigen erfolgte gemäß § 220 StPO ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladungsschrift via Gerichtsvollzieher. Gleichzeitig wurde ein angemessenes Auslagenangebot gemäß § 38 StPO unterbreitet. Das Angebot wurde auf Grundlage der im Einzelfall zu erwartenden Kosten und des zu erwartenden Aufwands pauschaliert und dem Sachverständigen im Rahmen der Beauftragung verbindlich mitgeteilt.“
🔹 3. Pauschalierung der Kosten – Formulierung für das Auslagenangebot
„Für die Teilnahme an der Hauptverhandlung am [Datum] sowie die sachverständige Stellungnahme werden dem Sachverständigen pauschal [Betrag in Euro, z. B. 350,00 €] als Aufwandsentschädigung und Kostenerstattung angeboten. Mit diesem Angebot sind sämtliche zu erwartenden Auslagen und Aufwendungen abgegolten.“
Optional:
„Dieses Auslagenangebot beruht auf einer vorab getroffenen schriftlichen Honorarvereinbarung zwischen dem Unterzeichner und dem Sachverständigen.“
🔹 4. Optionaler Zusatz für das Gericht (zur Absicherung)
„Die Verteidigung weist darauf hin, dass die Einvernahme des benannten Sachverständigen für die umfassende Wahrung des rechtlichen Gehörs (§ 244 Abs. 2 StPO) sowie zur Sachaufklärung von Bedeutung ist. Es wird darum gebeten, die Einvernahme des selbstgeladenen Sachverständigen in die Terminplanung einzubeziehen.“